Burnout-Prophylaxe – Interview mit Sandra Liane Braun

Interview Sandra Liane Braun

Heute gibt es ein Interview mit Sandra Liane Braun. Sie ist Coach für Stressreduktion und Burnout-Prävention und wir reden über die Themen Burnout und Stress und was man auch schon im Vorfeld dagegen tun kann. Und auch über das Thema “Was will ich eigentlich wirklich?”.

Wer ist Sandra und was macht sie?

Catrin Grobbin: Hallo liebe Sandra! Wie schön, dass du heute Zeit für dieses Interview gefunden hast! Es ist ein ganz wichtiges Thema, über das wir heute sprechen. Dein Slogan ist ja “Raus aus dem Stress – rein ins Leben.”. Magst du mal sagen, wer du bist und was du so tust?

Sandra Liane Braun: Ja, gerne. “Raus aus dem Stress – rein ins Leben.” – Ich bin die Gedankensortiererin für Menschen, die sagen “Ich kann nicht mehr!” oder “So kann’s nicht weitergehen! Ich muss irgendwas verändern, ich weiß aber nicht, wie. Ich bin Coach und viel mehr noch: Ich bin die Sandra, ich bin 45 Jahre alt, lebe im kleinsten Bundesland von Deutschland, im Saarland, bin verheiratet und man findet mich ganz viel draußen in der Natur. Ich wandere leidenschaftlich gerne und in meinen Auszeiten, bin ich meistens mit meinem Mann und unserem Wohnmobil irgendwo unterwegs und kann da so richtig schön abschalten.

Catrin Grobbin: Das ist schön. Du hilfst ja Menschen, dass sie aus dem Burnout rauskommen oder auch gar nicht erst reinrutschen und überhaupt weniger Stress haben. Dass du zu dieser Tätigkeit gekommen bist, hat ja eine Geschichte. Kannst du vielleicht den Hörerinnen und Hörern einmal sagen, wie du dazu gekommen ist, das zu tun? Du bist ja, so wie ich, gar nicht im ersten Weg gleich Coach geworden. Du hast ja auch schon ein Vorleben.

Sandra Liane Braun: Ja, tatsächlich, es gibt eine Geschichte dazu. Und zwar bin ich so circa 2002 selbst in einem Burnout gelandet. Damals war ich Mitte 20 und leitende Führungskraft. Mir ging’s wirklich sehr schlecht und ich habe mir damals keine Hilfe geholt bzw. ich war so zu zwei, drei Gesprächen bei einem Therapeuten und irgendwie hat mich das nicht überzeugt. Und wieso? Generell war meine Denke, ich schaffe es schon irgendwie alleine. Und das war wirklich ein mühsamer Weg, der hat auch ein paar Jahre gedauert hat. Und es war sehr anstrengend, da wieder rauszukommen. Und als ich so einigermaßen nach ein paar Jahren mal wieder ” in der Spur gelaufen bin”, da hat sich in mir wirklich ein ganz tiefer Wunsch entwickelt. So ein Gefühl und der Gedanke dazu: “Irgendwann möchte ich mal etwas mit Menschen machen, dass denen das erst gar nicht passiert, dass sie gar nicht erst in so ein Burn-out reinrutschen.” Und ich wusste überhaupt nicht, was das sein kann. Und irgendwie hat mein Weg mich dann so dahin geführt, wo ich heute bin.

(Lockdown-)Stress und Burnout

Catrin Grobbin: Das finde ich ganz großartig. Menschen wie du sind so wichtig und gerade auch in der heutigen Zeit. Und gerade jetzt im Moment mit diesen Lockdowns, die ja schon über ein Jahr dauern, hab ich das Gefühl, alle sind schon so ein bisschen an der Kannte oder auch drüber. Ich spreche ja in meinen Veranstaltungen mit vielen und ich sehe es auch auf Social Media, dass viele auch mit dem Home-Schooling oder mit diesem im-Home-Office-Sein, mit der Mehrfachbelastung und dieser Unsicherheit ihre Schwierigkeiten haben. Jetzt auch noch die Frage mit dem Impfen: “Wie kriege ich ein Termin” oder “Will ich das überhaupt?” usw. Da sind so viele Dinge, die uns noch zusätzlich stressen, dass das Thema “Umgang mit Stress” gerade ganz, ganz wichtig ist.

Sandra Liane Braun: Das stimmt. Und ich merk auch, so im ersten Jahr Pandemie haben die meisten Leute noch gesagt: “Ich schaffe das schon irgendwie, das geht auch wieder vorbei.” Und dann kam der Winter-Lockdown sehr früh und der Frühjahrs-Lockdown… Und ich beobachte und ich merke das auch bei den Menschen, die jetzt zu mir kommen. Das wird jetzt erst so richtig spürbar, dass es einfach wirklich nicht mehr geht. Und oftmals fallen die Menschen jetzt in ein Loch. Und man weiß ja auch immer noch nicht genau, wie es weitergeht.

Catrin Grobbin: Ich merke selber auch, dass der Stresslevel hier ein bisschen höher ist. Genau, das ist ist ja eigentlich etwas, was es mit dem Burnout gemeinsam hat. Ganz lange immer runterschlucken oder denken “Das schaffe ich noch, das schaffe ich noch. Bald ist Pause, und dann war es das.” Und dann kommt sie doch nicht, die Pause. Also haben wir alle sozusagen gerade einen kollektiven Burnout oder sind nahe davor.

Sandra Liane Braun: Ja, so dieses Aushalten in einer Situation, egal welche Situation das ist.

“Womit kommen die Leute so zu dir?”

Catrin Grobbin: Und was sind denn so häufige Themen und Probleme? Egal ob es jetzt wegen Corona ist oder wegen irgendetwas anderem. Womit kommen denn die Leute so zu dir?

Sandra Liane Braun: Es sind auf der einen Seite sehr unterschiedliche Themen. und auf der anderen Seite läuft es irgendwo immer aufs Gleiche hinaus und alle haben etwas gemeinsam. Das sind so Themen wie: Einige fühlen sich im Job total überfordert, weil einfach zu viel Masse an Arbeit und Meetings und sie wissen da einfach nicht mehr ein und aus. Andere dagegen fühlen sich total unterfordert, gelangweilt und halten in dieser Situation aus. Und beide stellen sich dann so die Frage: “Oh mein Gott, was will ich eigentlich?” oder “Was mache ich denn hier? Wo bin ich denn hier eigentlich gelandet?” Und es gibt andere, die fühlen sich z.B. gestresst in ihrer Rolle als Führungskraft, weil sie eigentlich sehr harmoniebedürftige Menschen sind und von sich glauben, dass sie dieser Rolle als Führungskraft nicht gerecht werden. Oder es gibt auch wirklich Menschen, die einfach in einer Sinnkrise stecken und sagen: “Ich habe gar keine Ziele mehr. Ich weiß nicht, was meine Träume sind.”, sie wissen nicht mehr vor und zurück.

Es gibt Menschen, die stehen an irgendwelchen Wendepunkten im Leben. Das kann eine Trennung oder eine Scheidung sein. So mit der Frage “Und jetzt? Wer bin ich eigentlich? Wie geht es noch weiter?” Oder ein Wendepunkt auch im Job. Ich erlebe häufig, dass jemand sagt: “Ich weiß, es ist Zeit zu kündigen. Aber bevor ich jetzt irgendwo hin renne und weitermache und merke, ich komme immer irgendwie wieder in die gleiche Situation, will ich da doch jetzt mal hingucken. Das scheint ja was mit mir zu tun haben.”

Und manche Menschen sagen auch: “Sandra, mein Perfektionismus, der treibt mich noch in den Wahnsinn. Ich seh, das ist mein hausgemachter Stress. Es ist mir bewusst, aber ich weiß nicht, wie ich abstellen soll. Also schon ein bisschen reflektierter. Und viele sagen auch ich habe schon zig Ratgeber-Bücher gelesen und Youtube-Videos angeschaut, aber ich komme nicht weiter. Irgendwann braucht man Unterstützung, damit man weiß: “Wie komme ich jetzt dahin, dass es anders wird?”

Was alle gemeinsam haben. Es ist ein ganz einfacher Wunsch und mehr als legitim: Alle wünschen sich irgendwie Gelassenheit im Leben. Leichtigkeit im Leben. Wieder Freude spüren. Einfach auch wieder Zuversicht im Leben haben. Vertrauen. All die schönen Dinge. Glück. Einfach glücklich sein. “Ich will wieder lachen können.” Ganz einfache, aber absolut lebensnotwendige Dinge, die wir im Leben brauchen, damit wir uns wohlfühlen. Damit es ein schönes Leben ist.

Catrin Grobbin: Ja, damit kommen Leute auch ganz oft zu mir. Perfektionismus. Da haben wir auch häufiger mit zu tun im Coaching. Damit machen wir uns selber häufig das Leben echt schwer, wenn wir die Sachen nicht nur gut oder sehr gut machen wollen, sondern perfekt. Das ist wirklich so eine Falle.

“Was sind deine Lieblings-Tipps?”

Catrin Grobbin: Was sind denn deine Lieblings-Tipps? Gibt es deine liebsten drei oder fünf Tipps, die du geben kannst?

Sandra Liane Braun: Ja, die Frage nach den Tipps… Oftmals kommen Menschen zu mir und sagen: “Sandra, du bist doch die Expertin. Du kannst mir bestimmt sagen, was ich anders machen soll.” Und ich sage mal so: “Ja, das könnte ich. Nur wie fühlt sich das für dich an, wenn ich dir jetzt sage: Naja, du musst einfach mehr Sport machen, meditieren, Entspannungs-Kurse besuchen, dich gut ernähren. Hast du alles schon gehört? Aber du stehst immer wieder an dem Punkt, dass du sagst: Ja, weiß ich, aber ich kriege es einfach zeitlich nicht auch noch ein sortiert.” Und das macht ja wieder Stress und wieder Stress und wieder Stress.

Und mein Tipp ist in erster Linie, der Allerwichtigste, ist “Achte auf deine Gedanken. Was reden deine Gedanken dir den ganzen Tag ein? Wie du sein solltest, was du tun müsstest und solltest und könntest. Was du alles nicht kannst. Wer vielleicht noch besser ist.” Und ich merk schon, wenn ich das sage, kommt in mir schon der Stress hoch. Vielen von uns ist gar nicht bewusst, was in unserem Kopf wirklich abgeht. Und Catrin, du weißt es auch: Stress entsteht einfach nur im Kopf, in unseren Gedanken. Und manche Menschen sagen auch: “Ich möchte einfach nicht mehr denken. Ich will, dass diese Gedanken aufhören.” Das tun sie aber nicht, denn dann würde unser Gehirn ja nicht mehr arbeiten. Also ist mein Tipp: “Achte auf deine Gedanken. Was reden sie dir ein? Was reden sie dir aus? Da liegt dein Stress.” Und so simpel, wie das klingen mag, so simpel arbeite ich auch dann mit meinen Klienten. Es muss nicht immer das ganz riesengroße Programm sein, um wieder Ruhe in sich zu finden. Und darum geht’s ja. Die Menschen wünschen sich innere Ruhe.

“Stress entsteht zwischen den Ohren.”

Catrin Grobbin: Du sagst ja auch: “Stress entsteht zwischen den Ohren.”, das weiß ich aus einem Fernseh-Artikel über dich oder mit dir. Das finde ich ein ganz schönes Bild, dass man mal schaut: “Was ist eigentlich zwischen meinen Ohren los, dass ich so gestresst bin?” Bei manchen klingelt es ja dann auch im Ohr oder sie kriegen Ohrensausen. Es ist eigentlich auch ein schönes Bild, dass man merkt, es ist gerade zu viel.

Sandra Liane Braun: Absolut. Und weißt du, wo du es gerade: Ich höre jetzt auch in meinen Ohren ein bisschen Wiederstände von manchen Menschen. “Ja, aber meinen Chef stresst mich. Das Zoom-Meeting stresst mich. Und hier ist Druck und da ist Druck. Oder der ist blöd.” Na ja, das sind alles Dinge, die von außen auf uns zukommen. Und es gibt auch Dinge, die wir wirklich nicht abstellen können. Home-Schooling ist jetzt. Ich kann es nicht abstellen. Ich möchte das nicht klein reden oder vom Tisch schieben. Nur im Außen finden sich eben die Lösungen nicht. Die Lösung ist immer in uns. Und das ist zwar ein bisschen Coach-Sprache, Catrin, das weißt du auch. Aber so viele Menschen kommen zu mir und sagen: “Sandra, ich weiß, mein Stress ist hausgemacht. Ich habe so viele Ratgeber-Bücher gelesen, und ich weiß, dass ich mir den Stress selbst mache. Aber ich weiß nicht, wie ich das abstellen kann.” Und es ist immer dieser Wunsch da: “Ich würde einfach gerne meine Gedanken abstellen.”

Den Wunsch kann ich sehr gut nachvollziehen und gleichzeitig wissen wir, dass das nicht funktioniert. Unser Gehirn tut das halt einfach. Also ist es doch “ein Leichtes” hinzugucken. “Was machen denn die Gedanken mit mir?” Und da setze ich an. Alle anderen Tipps, die im Außen ansetzen, kennen alle Leute. Jeder weiß, wenn ich gestresst bin, wäre es gut, wenn ich mal ein bisschen joggen gehe oder ein bisschen meditiere. Aber wir wissen auch, dass das vielen Menschen bereits auch wieder Stress macht. “Ja, ich müsste, ich könnte, ich sollte. Aber ich schaffe es gerade nicht, weil der Alltag grad sowieso schon so schwierig ist.” Und dann kommt nochmal Stress obendrauf. “Ach ich kriege nix auf die Reihe. Noch nicht mal, dass ich mich um mich kümmere, kriege ich auf die Reihe.” Da sind wir wieder beim Thema Gedanken. Das ist für mich die einzige Prävention: Achte auf deine Gedanken. Was reden sie den ganzen Tag ein oder aus?

Wenn Perfektionismus Stress auslöst…

Catrin Grobbin: Ja, das ist ein total guter Ansatzpunkt. Den kann ich gut nachvollziehen. Und du hast eben was über den Perfektionismus gesagt. Hast du da auch eine Idee bzw. was machst du häufiger mit Menschen, wenn sie diesen Perfektionismus-Anspruch im Kopf haben und denken, “Es muss perfekt werden, ich muss das noch besser machen.” Welchen Ansatzpunkt kannst du da mit uns teilen?

Sandra Liane Braun: Also wenn sie schon wissen, “Ich bin total perfektionistisch und ich weiß, damit mache ich mir Stress.”, dann sag ich “Komm, lass uns mal hingucken, was redet dein Perfektionismus dir den ganzen Tag ein?” Und dann sortiere ich tatsächlich dann auch mal die Gedanken mit den Klienten. Und was da dann so zu Papier kommt. Dann sagen viele: “Oh, das war mir gar nicht bewusst.” Und dann “Okay, dann lass uns doch mal gucken, wie kannst du denn damit leichter umgehen?”.

Catrin Grobbin: Also Gedanken aufschreiben und dann mal sortieren und schauen, was könnte man da anders machen?

“Es geht darum, was im Hier und Jetzt passiert.”

Sandra Liane Braun: Und weißt du, manche Menschen haben ja Angst davor, dass sie ihr Innerstes nach außen kehren und sich “nackig machen müssen”, wenn sie zum Coach oder zu einem Therapeuten gehen. Und das wollen sie nicht. Aber soweit gehe ich auch gar nicht, weil mir geht es viel mehr darum, was im Hier und Jetzt passiert. Das ist ja auch so ein großes Wort “im Hier und Jetzt sein”, da stellen wir uns oft irgendetwas sehr Großes vor. Aber das geht im ganz, ganz, ganz Kleinen. Da setze ich an.

Catrin Grobbin: Das ist schön. Das sag ich auch immer wieder. Und wenn man nur merkt, man ist völlig überfordert, ist es gut, immer wieder zurückzukommen, in den Körper zu spüren: “Wo bin ich gerade, in welchem Raum?” Und das Ganze, was gerade war und das, was in der Zukunft noch kommt, erst mal beiseite zu lassen. Das bringt häufig schon eine kleine Erleichterung.

Sandra Liane Braun: Genau. Wenn man in so einer Situation drin ist, einfach mal bemerken, dass man schon fast gar nicht mehr atmet oder ganz flach. Nur das nehmen ja die Menschen schon gar nicht wahr, wenn sie im Stress sind. Und es stimmt, dieser kleine Moment, sich kurz auf den Atem zu besinnen. Das, sage ich, sind für mich immer so kleine Notfall-Dinge, die man in seinem Koffer haben kann.

Ich muss bei mir anfangen und da fange ich bei den Gedanken an und was wir alle, alle, alle haben und viele Menschen glauben, es verloren zu haben. DAs Bauchgefühl, die Intuition. Und manche sagen zu mir: “Sandra, ich hab das nicht mehr. Ich spür das nicht mehr.” oder “Hatte ich noch nie.” Wir haben das nur oft so zugeschüttet. Mit lauter Reizen und auch eben durch die Gedanken. Da ist echt ne Menge Müll. Ich bin wirklich auch Expertin darin, die Menschen nochmal zu ihrem Bauchgefühl, zur Intuition zu führen. Denn da liegt unsere Kraft. Das ist so schön, da liegen auch alle Antworten. Da wird unser Weg geebnet und wir alle lernen irgendwann im Laufe unseres Lebens, genau das zu unterdrücken. Ja, das scheint die Essenz.

“Bauchgefühl”

Catrin Grobbin: Die Kinder haben das noch. Wenn ich meine Tochter anschaue, die hat das noch total. Und dann wird’s ihnen abgewöhnt, weil es gerade nicht passt. Und ich muss gestehen, dass mir das auch manchmal passiert, dass ich denke: “Das geht jetzt aber nicht.” Aber ich finde es eigentlich so großartig, dass sie immer weiß, was jetzt dran ist, was sie braucht, was sie will, dass sie die Emotionen raus lässt, so wie sie gerade sind. Dass sie sie durchfühlt von Anfang bis Ende und zwar jetzt, sofort und nicht auf später verschiebt, weil das jetzt gerade nicht passt. Ich finde dieses unmittelbare Erfahren können wir von den Kindern gut abgucken.

Sandra Liane Braun: Genau, wir werden mit unserem Bauchgefühl, mit unserer Intuition, diesem inneren Wissen geboren. Jedes Kind meldet sich, wenn es kuscheln will oder wenn ihm etwas nicht passt. Und wir werden auch mit unseren Gedanken geboren, die uns sehr, sehr nützlich sind, wenn sie uns keinen Stress machen. Und wir werden mit einem Bewusstsein geboren, dass wir beides haben. Und das ist uns gegeben. Und das ist für mich der beste Werkzeugkasten, den wir in uns haben. Da brauchen wir keine Werkzeuge im Außen mehr.

Catrin Grobbin: Großartig, wunderbar. Also wenn ich mal so ein Thema hätte, dann würde ich zu dir ins Coaching kommen. Sandra, ist der Tipp für alle, die sagen: “Es ist höchste Eisenbahn, ich gehe mal ins Coaching.” Ihr könnt natürlich auch zu mir kommen. 😉 Aber Sandra kann ich auf jeden Fall auch sehr empfehlen. (Den Link zu ihrer Seite findest du etwas weiter unten.)

“Was will ich wirklich im Leben?”

Catrin Grobbin: Okay, ich wollte noch auf ein anderes Thema kommen. Du hast ein Buch geschrieben oder ein Buch herausgebracht. “Was will ich wirklich im Leben? 30 Mut macht Geschichten für Dich.” Das finde ich erst mal ganz großartig. Und auch das Coverbild ist total toll. Erzähl doch bitte mal ein bisschen zu diesem großartigen Buch, weil ich glaube, dass auch das für unsere LeserInnen sehr spannend sein kann.

Sandra Liane Braun: Ja, das war auch für mich eine ganz spannende Sache, denn ich hatte gar nicht vor, dieses Buch zu schreiben. Was ich aber vorhatte, war, Menschen Mut zu machen, weil ich wahrgenommen habe, dass bei meinen Klienten so zu 80 oder 90 Prozent die Frage dahinter steht: “Was will ich eigentlich wirklich im Leben?” Und dann war so die Idee, drüber zu schreiben und über Träume und Ziele zu schreiben, weil manche Menschen wirklich auch mit Tränen vor mir sitzen, sagen: “Ich hatte gar keine Träume mehr. Und selbst die, die ich habe, da traue mich gar nicht, die zu verfolgen.” Das war so ein Wunsch von mir, diesen Menschen Mut zu machen. Und ich wollte darüber einfach in meinem Blog schreiben, und ich hab mich ein Dreivierteljahr davor gedrückt, darüber zu schreiben.

Und irgendwann ist mir klargeworden: “Ja, logisch, ich kenne ja auch nur mein eigenes Leben. Ich weiß abgesehen von den Menschen, die es mir erzählen, gar nicht, was in anderen Leben los ist. Und da kam mir die Idee, eine Blogparade auszurufen. Andere Menschen schreiben lassen. Und plötzlich sagt eine Kollegin zu mir: “Das ist genial! Mach ein Buch draus!” Und so ist dann das Buch entstanden und mit mir haben dann insgesamt 30 Personen drüber geschrieben, was in ihrem Leben so passiert. Denn alle haben irgendwie Krisen, Wendepunkte oder einen Rucksack zu tragen mit großen Brocken oder mit kleineren Brocken. Und viele verlieren irgendwie auf dem Weg des Lebens das Leben aus dem Blick. Und dazu gehören Träume und Ziele und vor allen Dingen dieses sich in sich pudelwohl fühlen, wohl und okay fühlen. 30 Menschen haben etwas für dieses Buch geschrieben von und ich wünsche mir, dass diese Geschichten jedem Mut machen: “Ach guck mal, andere können es doch auch.”

Catrin Grobbin: Ja, sehr schön. Ich finde das toll. Ich hab noch nicht alle Geschichten gelesen, aber die, die ich gelesen hab, fand ich ganz großartig. Und ich glaube, da kann sich jeder irgendwie drin wiederfinden und auch mal so ein bisschen gucken, was die anderen machen. Meine Beobachtung ist, dass man immer denkt, “Die anderen kriegen irgendwie alles hin. Bei den anderen ist es alles easy peasy. Nur ich krieg hab grad ein Brett vor dem Kopf.” Das ist so ein schönes Buch! Mal zu sehen, dass auch andere mal ihre Kämpfe haben oder auch mal ihre Irritation nicht wissen, wie es weitergeht und dann ihren Weg suchen.

“Männer sind nicht so.”

Sandra Liane Braun: Genau, ich finde es auch total klasse. Es sind immerhin zwei Männer mit in dem Buch. Ich hätte ja gerne mehr gehabt, ich arbeite mit Männern und Frauen, also wirklich auch fifty fifty. Und manchmal sagen die Frauen, wenn sie merken, wie sie eigentlich über sich denken und welche Glaubenssätze sie haben: “Ja, Männer sind nicht so.” Dann sag ich immer: “Das stimmt nicht.” Männer sitzen hier mit exakt den gleichen Themen. Und ob das gestandene Führungskräfte im höchsten Management sind oder der Bauarbeiter, völlig egal. Es ist beim Männer und Frauen gleich. Und ich denk dann eher noch so: “Ach, es gibt ja auch viele Männer, die sich noch weniger eingestehen oder zutrauen zu sagen “Ich nehme Hilfe in Anspruch.”, weil die einfach anders erzogen werden. “Indianer kennt keinen Schmerz.”

Catrin Grobbin: Ja, stimmt ja. Und heul jetzt nicht.

Sandra Liane Braun: Genau richtig.

Catrin Grobbin: Ja, das hören Männer wahrscheinlich noch viel häufiger als Frauen. Wobei viele Frauen es mittlerweile auch schon irgendwie aufgeschnappt haben. Ich glaub, wir haben es da auch immer noch mit Nachkriegs-Problemen zu tun. Da ist noch ein bisschen was zu tun.

Sandra Liane Braun: Tatsächlich, absolut. Das ist wirklich ein Thema. Also dieses Starksein und Durchhalten, das kommt noch von unseren Vorfahren. Das haben sie uns vorgelebt. Und nicht alle Eltern haben mit dem Zeigefinger vor dir gestanden, wenn die schlechte Note nach Hause gebracht wurde. Wir gucken uns als Kind einfach vieles ab und dieses “Ich muss stark sein und durchhalten.”, das sind die Leute, die letzten Endes auch in einem Burnout landen. Diejenigen, die von vornherein sagen “Ich kann Fünfe gerade sein lassen.”, die sind da nicht so gefährdet.

Was tun, wenn ich nicht mehr kann?

Catrin Grobbin: Das ist gut, dass du das sagst. Da wollte ich auch nochmal hin. Wenn jetzt jemand unser Interview liest und sagt: “Ich bin schon nah dran. Ich kann nicht mehr.” Was sollte man dann tun? Was wäre deine Empfehlung?

Sandra Liane Braun: In allererster Linie ehrlich zu sich selbst sein. Der Körper schickt schon Signale. Und das nicht erst seit gestern. Das können Schmerzen jeglicher Art sein, das können Darmprobleme sein. Das kann Migräne sein. Das können auch Allergien sein, die sich plötzlich aus dem Nichts heraus zu zeigen. Von verspannten Kieferknochen, nachts knirschen oder nicht mehr durchschlafen können. Schulter, Nacken, Rückenschmerzen, alles, was wir so kennen. Es sind alles Signale, die ich damals bei mir selbst erlebt habe und auch bei meinen Klienten sehe. Wir finden Gründe, warum das jetzt gerade weh tut. “Naja, ich sitze ja auch jeden Tag, zig Stunden am PC. Kein Wunder, dass mir der Rücken weh tut.” Ehrlich zu sich selbst sein, auch wenn sich manchmal schon so eine ganz leise Stimme meldet: “Hey, ich kann nicht mehr. So geht’s nicht weiter.” Diese Stimme drücken wir dann ganz schnell weg. “Nein, ich muss ja. Und jetzt erst noch dieses Projekt. Ich muss doch für die Kinder da sein.” oder was auch immer. Der für mich wirklich erste Schritt ist, ehrlich zu sich selbst zu sein. Wenn man das nicht ist und vielleicht noch denkt, “Ich muss das alleine schaffen.”, dann läuft man wirklich in sein Unglück.

Und es gibt Menschen, die sagen “Ich hatte wirklich so einen Tag. Ich hab nur noch geweint. Ich konnte gar nicht mehr zur Arbeit gehen.” Aber manche spüren das nicht so. Wenn Menschen Kontakt zu mir aufnehmen, sag ich, je nachdem, wie das klingt: “Du gehst jetzt erst mal zum Arzt.” Und dann kommt schon dieser innere Widerstand. “Nein, ich kann doch nicht. Und krankschreiben geht schon mal gar nicht. So bin ich nicht.” – “Ja. Deswegen bist du da, wo du jetzt bist.” Du musst erst einmal raus aus der Situation.” – “Ich kann doch nicht drei Wochen nichts tun.” “Dann nutze mal die drei Wochen und guck mal, wo du selbst ansetzen kannst. Was kannst du wirklich ändern?” Während ich nicht in diesem Strudel drin bin, wer kann mir helfen? Manche Menschen sind so verzweifelt. Die sagen: “Ich weiß gar nicht, wo kann ich mir dann Hilfe holen?” Natürlich gibt es uns Coaches, aber wenn man völlig ahnungslos ist, ist es manchmal schwierig jemanden zu finden. Jede Stadt oder jede nächst größere Stadt hat ein psychosozialen Dienst, den man anrufen kann und dem man schildern kann, wie es einem eigentlich geht. Und die helfen oftmals mit zwei, drei Gesprächen auch schon mal weiter.

Und was ich selbst erlebt habe und es vorher nicht geglaubt hätte: Der eigene Hausarzt. Wenn man dem wirklich wirklich mal erzählt, wie es einem geht, ohne etwas wegzulassen, dann sagt ein vernünftiger Arzt sofort. “Sie schreib ich jetzt mal krank.” Und das bitte auch annehmen. Ganz wichtig nicht klein reden. “Nee, so schlimm ist es nicht.” Das ist so ein typischer Satz dann auch.

“Hilfe annehmen ist eine Stärke.”

Catrin Grobbin: Ja, das stimmt. Wunderbar. Ich danke dir. Und wenn jetzt jemand denkt, “Die Sandra klingt ja sympathisch.”, dann kann man natürlich auch zu dir ins Coaching kommen.

(Hier findest du mehr von und über Sandra: https://sandralianebraun.de
Und wenn du regelmäßig mehr von ihr lesen möchtest, kannst du dich hier zu ihrem Newsletter anmelden: “Raus aus dem Stress – IMPULSE”)

Sich Hilfe zu holen ist auf jeden Fall eine wichtige Sache. Egal erstmal wo, Hauptsache, wenn man merkt, das geht eigentlich nicht mehr, dann ist es wichtig, dass ihr euch eine Unterstützung sucht.

Sandra Liane Braun: Genau. Und es klingt ja wie ne Floskel, aber ich glaube, wir wissen beide: Hilfe nehmen ist keine Schwäche. Es ist eine Stärke.

Catrin Grobbin: Es ist eine absolute Stärke. Die Erfahrung haben wir beide schon gemacht. Und ich sage auch immer wieder: lieber zu früh als zu spät. Es ist einfach schneller, auch wieder aus dem Loch rauszukommen, wenn man nicht erst ganz drin sitzt. Genau das würde man in echt auch machen. Wenn man irgendwo dabei sein ein Loch rein zu fassen, würde man auch nicht warten, bis man ganz unten am Boden angekommen ist, bevor man um Hilfe ruft.

Sandra Liane Braun: Genau. Das ist ein gutes Bild.

Catrin Grobbin: Ich danke dir sehr herzlich, dass du da warst.

Sandra Liane Braun: Ja. Vielen Dank, Catrin, für die Einladung und ich freue mich schon, nochmal in deinen Podcast rein zu hören. Auch in die anderen Episoden.

Catrin Grobbin: Sehr gerne. Und vielleicht kommst du ja auch nochmal wieder. Ich fand, wir haben noch nicht über alles gesprochen, glaube ich.

Sandra Liane Braun: Sehr gerne.

Catrin Grobbin: Dann bis zum nächsten Mal. 🙂

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